Quelle: The CEO Magazine
Für das Unternehmen, das er vor 12 Jahren gründete, habe es zwei prägende Ereignisse gegeben: Das erste erfolgte zeitnah nach der Gründung und hatte mit rechtlichen Veränderungen zu tun - das zweite geschah 2012, als die in der Schweiz ansässige MET Group vor dem Hintergrund der damals beginnenden Marktsättigung eine strategische Entscheidung traf.
Doch zurück zu den Anfängen: 2007 zwang die Europäische Union im Zuge des sogenannten “Unbundling” die Eigentümer von Infrastruktur im Bereich der Gas- und Stromversorgungsnetze, anderen Akteuren den uneingeschränkten Zugang zu gewähren. Zu dem Zeitpunkt war Benjamin Lakatos Leiter des Gasgeschäfts bei der MOL Group. Um mit Erdgas überhaupt Handel treiben zu können, brauchte man bis dahin 1 Milliarde Euro, da erst eine Leitung und ein Speicher gebaut werden mussten.
Jedes Land, erläutert der CEO, habe damals ein bis zwei grosse Akteure gehabt, doch mit dem Unbundling habe sich alles radikal geändert. „Das erforderliche Startkapital ging von 1Mrd. Euro auf theoretisch 1 Euro runter, doch damals gab es nur sehr wenig Leute, die die Branche kannten,“ so Lakatos. „Zu diesen Glücklichen gehörte ich!”
„Ich war mit einem Altersunterschied von mindestens 10 bis 15 Jahren eindeutig der Jüngste. Zudem hatte ich einen Finanzhintergrund, während die meisten meiner Managerkollegen Ingenieure waren. Sie machten sich ständig über mich lustig und sagten ‚Junger Mann, du hast nicht einmal einen vernünftigen Hochschulabschluss‘, und sie hatten nicht ganz unrecht. Ich arbeitete zu jener Zeit mit einem Nukleartechniker zusammen, der zehn Jahre älter war als ich.“
Als es zum Unbundling kam, drängten etwa 1000 Unternehmen, unter ihnen auch MET Group, auf den Markt. „Die Herausforderung für Grosskonzerne im Zuge der regulatorischen Änderungen bestand darin, dass sie all ihre Führungs- und Entscheidungsfindungsprozesse neu strukturieren mussten,“ so der CEO. „Unsere Philosophie war, dass wir alles genau so machen wie die grossen Unternehmen, nur extrem schnell, wie kleine Unternehmen.“
Die meisten Akteure auf dem Markt kümmerten sich vornehmlich um die Versorgungssicherheit und den Ausbau der Infrastruktur. Im Gegensatz dazu erkannte Benjamin Lakatos dank seines finanzbasierten Ansatzes , dass im Bereich der Erdgas-Infrastruktur, der Gasverträge und des Gashandels echte Geschäftsmöglichkeiten steckten. So begann die Erfolgsgeschichte von MET Group.
„Unsere Philosophie war, dass wir alles genau so machen wie die grossen Unternehmen, nur extrem schnell, wie kleine Unternehmen.“
Als Reaktion auf das sich rasch wandelnde Umfeld betrieb Benjamin Lakatos damals eine simple, aber effektive Personalpolitik. „Mir war klar, dass die Branche aufgrund der neuen Regelungen eine komplette Umstrukturierung erfahren würde,“ sagte er. „Deshalb stellte ich nur ganz kluge Köpfe ein: die besten 10% der besten Universitäten gleich nach ihrem Studienabschluss. Ich setzte diese Leute zusammen in ein Büro und wir begannen, die Branche herauszufordern.“
Das zweite ausschlaggebende Ereignis in der Geschichte des Unternehmens war eine zwischen 2011 und 2013 getroffene strategische Entscheidung. Damals beschloss MET Group, dem Wachstum eine höhere Priorität einzuräumen als der Profitabilität. „Natürlich wollten wir unsere Ertragskraft erhalten, aber um zu überleben mussten wir erst einmal wachsen,“ erinnert sich Lakatos. „Wir gingen davon aus, dass die dominierenden Hauptakteure mit der Erholung des Markts Druck auf die Margen ausüben würden.“
Das Einstiegskapital, das für den Markteintritt vonnöten war, nahm langsam wieder zu, sodass die meisten Kleinunternehmen zu kämpfen hatten. Die Margen wurden kleiner, die Anforderungen in Verbindung mit den betrieblichen Aufwendungen stiegen enorm. MET Group erkannte zeitig, dass Unternehmensgrösse wieder eine Rolle spielen würde. Als sie 2012 ihre Wachstumsstrategie einführte, betrug ihr Umsatz 1 Mrd. Euro pro Jahr; 2018 waren es fast 11 Mrd. Euro.
„Ich würde sagen, wir sind heute das grösste unter den kleinen Unternehmen der europäischen Energiebranche. Bald schon möchten wir zum kleinsten unter den grossen Unternehmen werden,“ so Lakatos.
Im nächsten Schritt muss sich das Unternehmen nun auf einem sich konsolidierenden Markt bewähren. „Wir möchten zu denen gehören, die andere konsolidieren, nicht zu denen, die der Konsolidierung bedürfen,“ so der CEO. „Dies bedeutet, Herausforderungen in den Bereichen Kommunikation und Effizienz zu bewältigen und weiterhin dasselbe zu tun wie unsere Konkurrenten, nur eben schneller und kostengünstiger.“
Das klingt nach der ultimativen Herausforderung, die jeder grosse multinationale Handelskonzern zu bewältigen hat, doch Lakatos verweist auf seine ureigene Personalpolitik, die zur Verwirklichung dieser Pläne beitragen soll.
„Unser grösster Vorteil ist, glaube ich, unser hoch motiviertes Team,“ sagt er. „Als Ergebnis dieser Personalpolitik ist MET Group zu einem vollständig eigentümergeführten Unternehmen geworden. Inzwischen haben wir über 60 Führungspersonen, in deren Eigentum sich das Unternehmen befindet, und einige von ihnen zählen zu den klugsten Köpfe in Europa. Dieses Modell ist meines Erachtens ein wirksames Werkzeug zur Motivierung von Menschen.“