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MET: So baut der Gashändler sein Erneuerbaren-Portfolio auf

MET: So baut der Gashändler sein Erneuerbaren-Portfolio auf

September 11, 2023
Bis 2026 will MET ein Portfolio mit einer installierten Leistung von 2 GW aufbauen. Seine Assets kauft das Unternehmen in ganz Europa.

Quelle: ZfK

Christian Hürlimann ist im Mai 2021 mit einer Aufgabe zur MET Group gekommen: Der Schweizer soll bei dem europäischen Gasverkäufer das Erneuerbarenportfolio aufbauen. Vor seinem Job als „Renewables CEO“ leitete er mehrere Jahre beim Zürcher Energieversorger EKZ den gleichen Bereich. Bis 2026 will MET ein Portfolio mit einer installierten Leistung von 2 GW aufbauen.

Zuletzt stieg Hürlimann mit MET in den deutschen Erneuerbaren-Markt ein und erwarb das Photovoltaikprojekt Kentzlin (11,5 MW) in Mecklenburg-Vorpommern, das in der zweiten Jahreshälfte 2024 in Betrieb genommen werden soll.

ZfK: Der Markt in Deutschland ist umkämpft und auch regulatorisch nicht ganz einfach. Warum gehen Sie hier ins Gefecht?
Hürlimann: Das Gefecht ist nicht nur in Deutschland, sondern wirklich in allen interessanten Märkten. Neben Deutschland gehören auch Frankreich, Spanien und Italien dazu. Es geht uns darum, unsere Assets mit unseren anderen Aktivitäten vor allem im Vertrieb von Energie an Kunden unterschiedlicher Größe in Verbindung zu bringen und so einen Mehrwert zu schaffen. Deutschland ist einfach einer der Kernmärkte im Bereich Energie, wo wir tätig sein möchten und Chancen sehen. Wir starten mit einem kleinen Projekt, um hier Fuß zu fassen und dann größere in Angriff zu nehmen.

Vor einigen Jahren hat MET angefangen in die Erneuerbaren zu investieren. Wie ist Ihr Erneuerbaren-Portfolio nun in Europa verteilt?
Wir haben aktuell in Ungarn am meisten installierte Leistung in Betrieb, dort sind wir auch gestartet. MET hat 2014 das Gas-Kombikraft Dunamenti (794 MW) gekauft, dazu gehört ein größeres Areal mit Netzanschluss, wo wir dann vor allem PV-Projekte entwickelt haben. Nach den Projekten in Ungarn haben wir zwei Windparks in Bulgarien erworben… dann haben wir unser Erneuerbaren-Portfolio weiter westlich ausgebaut. Es kamen Italien, Spanien, Deutschland, sowie auch Polen und Rumänien hinzu.

Das sind sehr verschiedene Länder, wie entscheidet MET, wo sie Assets aufbaut?
Wir sind vor allem in Märkten aktiv, wo wir bereits eine gute Präsenz im Bereich Trading und Sales haben. Die von unseren erneuerbaren Anlagen erzeugte Energie kann von unseren Vertriebsteams in den jeweiligen Ländern an Endverbraucher verkauft werden. MET Group ist in 14 Ländern mit eigenen Niederlassungen präsent, wir haben Kunden unterschiedlichster Grösse – vom energieintensiven Industriekonzern über den Mittelstand bis hin zu kleinen Unternehmen und teilweise auch Haushalten. Eine andere Variante besteht darin, dass wir den erzeugten Strom über Energiebörsen veräussern. Zudem sind wir auch offen für PPAs – dabei geht es darum,  mit großen Unternehmen Partnerschaften im Bereich des mittel- bis langfristigen Strombezugs aus unseren Solaranlagen und Windparks einzugehen.

Soll der deutsche Markt in Ihrem erneuerbaren Portfolio zentral werden?
Deutschland ist wichtig für das Portfolio, aber kein Land sollte zu stark werden. Wir diversifizieren – dafür betrachten wir die regulatorische Umgebung vor Ort und die Ressourcen, aber natürlich auch die Technologie. Wir wollen nicht zu stark externen Kräften ausgesetzt werden, die wir nicht selber beeinflussen können. Rund 200 MW in Deutschland sind ein realistisches Ziel im Rahmen unseres Vorhabens, bis 2026 ein Gesamt-Portfolio von 2 GW aufzubauen.

Sie sagten gerade, Sie diversifizieren auch in den Technologien. Ist Offshore-Wind auch interessant für Sie?
Der Fokus liegt aktuell vor allem auf Solar und Wind Onshore. Wir sind aber grundsätzlich opportunistisch aktiv und wenn sich interessante Möglichkeiten im Bereich offshore Wind ergeben, schauen wir uns das sehr gerne an.

Haben Sie in Deutschland schon an einer Offshore-Ausschreibung teilgenommen?
Nein.

Wie sieht es denn mit der Finanzierung aus? Wird das jetzt alles aus eigenen Mitteln gemacht oder suchen Sie auch Finanzierungspartner?
Die Projektentwicklung können wir eigenständig machen und auch den Bau können wir zum sehr großen Teil mit eigenen Mitteln vorantreiben. Wenn es dann Richtung Inbetriebnahme geht, möchten wir die Projekte refinanzieren. Das haben wir auch schon bei gewissen Projekten gemacht, um wieder Kapital freizukriegen, um es dann anderweitig in der Projektentwicklung und im Bau von Erneuerbaren-Kraftwerken wieder einzusetzen.

Um jetzt nochmal auf Deutschland zurückzukommen, was für Herausforderungen sehen Sie hier gerade für den Erneuerbarenausbau?
Die Flächen im PV-Bereich werden zunehmend rar, deshalb könnten in den nächsten Jahren zunehmend auch Agri-PV Projekte interessanter werden. Was wir auch merken, wenn sich jetzt alles auf eine Technologie konzentriert ist, dass wir Kannibalisierungseffekte haben: Die Flexibilitäten am Markt sinken. Die Capture Prices für Solar sind in einem solchen Marktumfeld somit eine Herausforderung. Das muss man künftig in der Projektentwicklung berücksichtigen und entsprechend Flexibilitäten, wie etwa Batteriespeicher direkt am Kraftwerksstandort, noch dazu entwickeln.

Sie beobachten den Erneuerbarenausbau in ganz Europa. Wie beschreiben Sie die Deutschland-Geschwindigkeit im Vergleich zu den anderen Ländern?
Für uns wird aus einer Projektidee ein Projekt, wenn das Land und der Netzzugang gesichert sind. Das Netz in Deutschland ist relativ gut gebaut. Auch die Landsicherung, die Abstimmung mit Gemeinden, funktioniert. Obwohl jetzt auch erste Gemeinden Negativbescheide ausgeben, weil sie schon zu viel PV haben. Zudem gibt es größere Ansprüche an den Umweltschutz als etwa in anderen zentral- und osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten. Dort sind dafür der Netzanschluss und die entsprechenden Konditionen dazu die kritischen Punkte.

In welchem Bereich planen Sie das nächste Projekt in Deutschland?
Wir schauen, dass wir Zugänge zu unseren Absatzmärkten haben. Da kommen Projekte um die 40 MW und grösser in der Nähe von Abnahmezentren in Frage. Für die zukünftige Stromlieferung an einen Industriekunden ein Projekt zu entwickeln, ist sehr interessant für uns.

MET ist historisch und immer noch ein großer Erdgashändler. Welche Bedeutung werden die Erneuerbaren bei Ihnen in den nächsten fünf Jahren einnehmen?
MET kommt aus dem Gasbereich im Trading, dann wurden das Power Trading aufgebaut und der LNG-Bereich. Dazu wurden entsprechende Assets-Positionen aufgebaut, also Gasspeicher und Kombikraftwerke. Aber wir sehen natürlich die Transition zu Net-Zero. Erster Schritt ist daher unsere operativen Assets im Erneuerbarenbereich auf eine ähnliche Größe aufzubauen. Und dann wollen wir sie soweit ausbauen, dass wir sie im Trading und Stromvertrieb einsetzen können.

Und Gas?
Gas wird noch über zehn Jahre relevant sein, um die Flexibilität zu gewährleisten, die wir für die Renewables brauchen. Was danach kommt, ist noch nicht ganz klar. Aber es kann gut sein, dass es eben ein Gas-ähnliches Medium ist: Wasserstoff, Ammoniak oder Methanol.

Da baut auch irgendwie jedes Land seine eigenen Lösungen. Ist das für Sie kritisch? Erdgas ist eine Ware, und dann hat man vielleicht später viele verschiedene.
Im Endeffekt sind das alles Commodities und als Unternehmen mit einem starken Trading-Hintergrund haben wir ein gutes Verständnis dafür. Ich bin mir sehr sicher: Wenn die Volumina steigen, wird MET bereit sein.

(Das Interview führte Pauline Faust)