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Hürlimann: "Wir bauen unseren neuen Hub für Westeuropa in Mailand aus"

Hürlimann: "Wir bauen unseren neuen Hub für Westeuropa in Mailand aus"

June 9, 2023
Die MET Group arbeitet seit geraumer Zeit am Aufbau eines Erneuerbaren-Portfolios. Der Fokus liegt auf Photovoltaik-Anlagen und Onshore-Windparks. Im Interview mit energate sagt Erneuerbaren-Chef Christian Hürlimann, welche Projekte er für besonders interessant hält.

Quelle: energate messenger

energate: Herr Hürlimann, die MET Group möchte für sich und ihr Joint Venture mit Keppel Infrastructure (Keppel MET Renewables) bis ins Jahr 2026 ein Erneuerbaren-Portfolio von insgesamt zwei GW aufbauen. Wie finanzieren Sie das?

Hürlimann: Die MET Group verfügt über eine stabile Liquidität. Diese Liquidität nutzen wir für unsere Entwicklungsprojekte. Die Finanzierung der einzelnen Anlagen entscheiden wir dynamisch von Fall zu Fall, wobei die unterschiedliche Art der Projekte, die Einnahmemodelle sowie länderspezifische Kriterien berücksichtigt werden. Auf der Grundlage dieses dynamischen Ansatzes errichten wir beispielsweise den Solarpark Puerto Real 3 in Spanien mit Eigenkapital, gefolgt von einer potenziellen Projektfinanzierung nach der offiziellen Inbetriebnahme.

energate: Wenn Sie Projekte kaufen, welches Entwicklungsstadium bevorzugen Sie?

Hürlimann: Bei einer guten Gelegenheit steht für uns das Entwicklungsstadium nicht im Vordergrund. Es geht uns vielmehr um die Projekt-Attraktivität, das entsprechende Risiko- und Chancenprofil und um die Frage, wie viel das Projekt zur Portfolio-Diversifikation beiträgt. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass wir die Projekte nicht von Grund auf entwickeln wollen und idealerweise dann einsteigen, wenn das Land gesichert und die Situation mit dem Netzzugang auch schon relativ klar ist. Andererseits stehen für uns Projekte eher nicht so stark im Fokus, die gerade in Betrieb gehen. Das sind in der Regel die teuersten Projekte, zudem werden sie breit ausgeschrieben. Mit unserem Trading-Floor im Rücken sehen wir dafür interessante Möglichkeiten bei Anlagen mit auslaufender Einspeisevergütung. Unsere beiden bulgarischen Windprojekte haben wir genau in diesem "Sweet Spot" übernommen.

energate: Wie finden Sie attraktive Kaufgelegenheiten?

Hürlimann: Unser Asset-Origination-Team im Erneuerbarenbereich, das derzeit um zwei Positionen ausgebaut wird, besteht aktuell aus drei Personen. Eine davon arbeitet von Rumänien, eine von Bulgarien und eine von Italien aus. Dieses Team und ich verfügen über ein grosses Netzwerk. Dieses nutzen wir, um attraktive Kaufgelegenheiten zu finden. Im Hintergrund stehen dem Origination-Team zudem je nach Anforderung und Projekt-Charakteristik weitere Teams im Bereich Transaktionssupport mit Rechtsanwälten, M&A- und Bewertungsexpertise, Projektentwicklung, Engineering und Baumanagement sowie Asset Management, Stromvertrags- und Finanzstrukturierung zur Verfügung. Wir versuchen, wann immer möglich, bilateral Geschäfte zu machen. Denn tendenziell lassen sich so neben der erhöhten Transaktionssicherheit für Verkäufer und Käufer auch attraktivere Preise erzielen als in grossen Ausschreibungen.

energate: Aber ihr Projektentwicklungsteam muss doch grösser sein?

Hürlimann: In Ungarn haben wir eigene Projektentwicklungsmöglichkeiten. In allen anderen Ländern haben wir keine eigenen Entwicklungsmannschaften vor Ort, sondern arbeiten mit Co-Development-Agreements. Zusätzlich zu unserem Hub in Ungarn, von dem aus wir vor allem Projekte in Zentral- und Osteuropa koordinieren, sind wir derzeit aber daran, unseren neuen Hub in Mailand auszubauen. Wir haben dort schon ein kleineres Team aus drei Personen, welches nun auf sechs bis sieben Personen vergrössert werden soll. Mit diesem Hub wollen wir näher an unseren Zielmärkten in Westeuropa sein.

energate: Verkaufen Sie auch Projekte oder sind alle Projekte für ihr eigenes Portfolio bestimmt?

Hürlimann: Natürlich behalten wir uns die Möglichkeit vor, Projekte zu verkaufen. Gemacht haben wir das beispielsweise bei den italienischen Projekten, die jetzt Bestandteil des Portfolios unseres Joint Ventures mit Keppel Infrastructure sind.

energate: Sie haben das Joint Venture Keppel MET Renewables angesprochen. Was ist der Sinn dieser Zusammenarbeit? Warum treibt MET den angestrebten Erneuerbaren-Ausbau mit zwei unterschiedlichen Vehikeln voran?

Hürlimann: Grundsätzlich ist das nichts Besonderes. Viele Entwickler und Fondsmanager arbeiten im Hintergrund mit mehreren Vehikeln - so auch wir. Mit der Gründung des Joint Ventures mit Keppel Infrastructure haben wir ein zusätzliches Investitionsvehikel geschaffen, welches zur optimierten Kapitalallokation genutzt werden kann. Zudem erhöht sich dadurch unsere "Firepower" im Bereich der Investitionen in erneuerbare Energien in Europa erheblich. Geografisch gesehen haben wir zudem nicht genau den gleichen Fokus. Für das Portfolio unserer Green Assets Division schauen wir uns Photovoltaik-Anlagen und Onshore-Windparks in ganz Europa an, Keppel MET Renewables hingegen plant hauptsächlich in Westeuropa in diese Technologien zu investieren.

energate: Also besteht doch in Westeuropa eine gewisse Konkurrenzsituation?

Hürlimann: Das mag auf den ersten Blick vielleicht so aussehen. Fakt ist aber: Wir sind der Entwicklungspartner für Keppel MET Renewables und bieten dem Joint Venture vom Projekt-Scouting und -Onboarding über das Entwicklungsmanagement und die Bau-Umsetzung bis zum operativen Betrieb der Anlage alles an. Jedes unserer neuen Projekte in Westeuropa erfüllt sowohl die Investitionskriterien der MET Green Assets Division als auch die des Joint Ventures. Zurzeit haben wir mehrere attraktive Projekte in Transaktion, welche gut in unser eigenes Portfolio innerhalb der MET Green Assets Division passen würden. Nichtsdestotrotz werden wir diese Projekte auch Keppel MET Renewables offerieren.

energate: Wer entscheidet, wer ein Projekt schlussendlich übernimmt? Ist das die MET Group oder Keppel Infrastructure?

Hürlimann: Die Zusammenarbeit zwischen MET Group und Keppel Infrastructure ist im Grundsatz sehr kooperativ, da wir auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Bereichen eng zusammenarbeiten und unsere Kooperation über das Joint Venture hinaus weiter ausbauen wollen. Auf Basis dieses Verständnisses der Zusammenarbeit wird die Projektzuweisung jeweils auf hoher Stufe zwischen den beiden Partnern abgestimmt.

energate: Können Sie hierzu mehr sagen?

Hürlimann: Keppel Infrastructure ist daran interessiert, mit Unterstützung von MET ihre Aktivitäten in Westeuropa auszubauen. Wir sehen in ihnen im Gegenzug auch einen Partner für den Ausbau der Geschäftsaktivitäten der MET Group in Asien. Das geht über das Erneuerbaren-Geschäft hinaus.

energate: Welche Rolle spielt die Schweiz in den Plänen von MET?

Hürlimann: Wir haben hier in der Schweiz seit über 10 Jahren unser Hauptquartier, eine aktive Rolle im Schweizer Energiemarkt nehmen wir aber zurzeit nicht ein. Das dürfte sich in Zukunft aber ändern.

energate: In welche Richtung denken Sie da?

Hürlimann: Sowohl auf der Produktionsseite als auch auf der Salesseite, im Grosskundenbereich, könnten sich in der Zukunft Opportunitäten ergeben.